Freitag, 17. Oktober 2014

Achtsamer Umgang - mit sich & mit anderen....


Gestern war ich wieder beim Yin Yoga: langsames Yoga, jede Stellung wird mehrere Minuten lang gehalten. So kann man sich langsam in die Dehnung fallen lassen und sich auf sich besinnen. Das Licht ist gedämmt, die Augen sind geschlossen, leise Musik begleitet die Entspannung. Zu Anfang ist mein Kopf noch im Gewusel das Alltags gefangen, aber mit der Zeit lösen sich alle Gedanken auf und ich genieße die Ruhe und Zurückgezogenheit. Das ist meine Zeit für mich, in der ich meinem Geist und meinem Körper etwas Gutes tue, achtsam mit mir umgehe.

Dieses Gefühl konnte ich auch gut in meinen heutigen Tag mitnehmen. Ich fühle mich ausgeruht und voller Energie. Ich bin entspannt und ausgeglichen.


Nachdem ich heute morgen meine beiden Kinder in Kindergarten und Freizi gebracht habe, hab ich noch schnell Besorgungen für meine Großeltern gemacht. Mein Opa wird nächsten Monat 89 Jahre alt. Er surft im Internet, macht Onlinebanking, düst mit seinem Scooter durch Eckernförde. Meine Oma ist 86, macht den kompletten Haushalt noch alleine, samt kochen, backen fürs Wochenende, Wäsche, einkaufen usw. Und morgen feiern die beiden ihren 62. Hochzeitstag. Auch hier versuche ich achtsam zu sein. Jeden Moment mit den beiden bewußt wahrzunehmen. Sie zu unterstützen und ihnen möglichst viel von dem, was sie mir als Oma & Opa gegeben haben, zurückzugeben. Früher habe ich bei meinen Besuchen Omas Weihnachtsplätzchen gefuttert - heute backe ich sie und bringe sie meinen Großeltern vorbei. Alles hat seine Zeit im Leben - so auch das Geben und das Nehmen.

Auf dem Rückweg nach Hause sah ich an auf dem Radweg neben der Bundesstraße ein umgefallenes Fahrrad, daneben lag ein Junge. Alle Autos fuhren vorbei - dabei war die Situation nicht zu übersehen und ziemlich eindeutig. Die Straße ist so dicht befahren, dass vom Sturz bis zu dem Moment, als ich an der Stelle entlang kam, bestimmt schon 30 Fahrzeuge ohne anzuhalten vorbeigekommen waren. Unfaßbar!

Aber letzlich hielt doch ein Mann an. Ich hab dann ebenfalls bei der nächsten Möglichkeit gewendet. Dachte mir, vielleicht hilft dem Jungen etwas mütterlicher Beistand... ;-)

Der arme Junge hatte sich tatsächlich ordentlich wehgetan, hielt sich den Arm, hatte Schürfwunden und sich dolle erschrocken. Zum Glück hatte er einen Fahrradhelm auf, der war nämlich gebrochen! Nach kurzer Absprache mit dem anderen Helfer haben wir dann entschieden, dass ich den Jungen nach Hause fahre. Ich kannte die Adresse, eine Wohneinrichtung für Kinder etwas außerhalb. Hätte kein Autofahrer gehalten, hätte der arme Junge mit seinen Verletzungen 10 km nach Hause laufen müssen. 

Wie kann das sein? 
Ein Kind stürzt und es vergehen Minuten, bis das erste Auto hält?
Warum fragt niemand, ob er helfen kann?
Wünscht sich nicht jeder, dass es Menschen gibt, die dem eigenen Kind nach einem Unfall helfen würden?

Der Junge sagte später im Auto zu mir, wenn mal jemand seine Hilfe bräuchte, würde er auch nicht helfen. Verletzt war er, körperlich und auch seelisch. Gleichgültigkeit schmerzt - nicht nur wenn man in einem Heim lebt und vielleicht schon viel erlebt hat. 

Ich habe ihm erzählt, dass ich versuche, andere Menschen immer so zu behandeln, wie ich auch behandelt werden möchte. Und dass diese Menschen das dann ja vielleicht auch beim nächsten Mal so handhaben. Man gibt weiter, was man bekommen hat. Nur so kann man vielleicht etwas ändern. Jeder hat ein Licht und kann es zum Leuchten bringen. Und ein paar mehr Lichter auf der Welt machen diese im Kleinen schon etwas heller.

In diesem Sinne: Namaste.


Tine



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